Technische Thermoplaste März 2020: Mehrzahl der Typen noch im Rollover / Lediglich Polyamide abwärts / Benzol-Absturz wird April überschatten / E&E-Branche könnte Preisniveau bei POM und PBT stabilisieren
Mit Ausnahme der fortgesetzten Erosion bei den Polyamid-Naturtypen konnten die Erzeuger – gestützt noch von den Quartalsvereinbarungen – die jeweiligen Preise weitgehend durch den März retten. Bei PA 6 sorgte die Überversorgungstendenz beim Basispolymer für eine Abwärtsreaktion, bei PA 6.6 bröckelte das hohe Preisniveau nach der kleinen Verschnaufpause unaufhaltsam weiter. Versorgungseinschränkungen gab es angesichts der eher dünnen Nachfrage nur in geringem Umfang, zumal die chinesischen Anlagen langsam den Betrieb wieder aufnahmen.
Die Einbrüche in der Aromatenstrecke – mit dem um über 400 EUR/t leichter fixierten Benzol an der Spitze – werden den Erzeugern im April sämtliche eventuell geplanten Erhöhungsforderungen im Hals steckenbleiben lassen. Sie werden im Gegenteil Mühe haben, die in der Spitze wohl dreistelligen Abschläge zu begrenzen – und das vor dem Hintergrund schwacher Nachfrage. Lediglich POM und PBT könnten vergleichsweise wenig beeinflusst werden, da der E&E-Sektor noch robust abruft – anders als die am Boden liegende Automobilbranche.
Stattdessen könnte es Versuche geben, mit spekulativem Lageraufbau den Markt etwas zu verknappen. Die Produzenten hoffen bei wieder anziehender Nachfrage im zweiten Halbjahr auf etwas höhere Notierungen. Erstmals fragen Erzeuger den voraussichtlichen Jahresbedarf auch bei den Verarbeitern ab, um besser planen zu können.
Standard-Thermoplaste: Preisrückgänge im März werfen Schatten voraus / Drastische Abschläge bei Vorprodukten im April heben Markt aus den Fugen / Nachfrage bei Lebensmitteln und Hygieneprodukten
Schon im März gaben die Vorproduktnotierungen durch die Bank nach, ein Vorgeschmack auf das, was Anfang April folgte. Die Polymere korrigierten zumeist ebenfalls spürbar, weil sich die Lager füllten und Verarbeiter häufig zurückhaltend agierten. Einige Marktteilnehmer versuchten jedoch auch, sich Bestände für eine möglicherweise bevorstehende Kappung der Rohstoffversorgung zu sichern.
Bei Polyethylen kam es durchschnittlich zu Abschlägen von 40 EUR/t, die dem Rückgang bei Ethylen auf dem Fuß folgten. Während sich Virus-relevante Produkte wie Folien und Hohlkörper meist noch behaupten konnten, herrschte bei Spritzgießmaterialien ein höherer Preisdruck aus Distribution und Handel.
Nach dem Rückgang der Propylen-Referenz tendierten auch die Notierungen für Polypropylen nach unten. Bei den Homopolymer-Spritzgießtypen gingen die Preissenkungen angesichts des üppigen Angebots teils sogar über die Kostenermäßigung hinaus, während die Erzeuger bei den knapper verfügbaren Folienqualitäten hier und da leichte Margenverbesserungen erzielen konnten.
Die produzentenseitigen Aufschlagsforderungen für das PVC-Basismaterial wurden mit dem Rückgang bei Ethylen weitgehend obsolet. Nur vereinzelt gab es je nach Quelle und Verfügbarkeit hier und da noch geringfügige Erhöhungen.
Die Notierungen der Styrolkunststoffe rauschten im Windschatten des deutlichen Rückgangs der Styrol-Referenz nach unten und radierten die Anstiege der beiden Vormonate aus. Aufgrund der ausgezehrten Margen wollten die Produzenten einen Teil der Kostenreduktion einbehalten, was ihnen aber nur in begrenztem Umfang gelang.
Die weltweite Krise um den Coronavirus überschattete auch die europäischen PET-Märkte. Der Absturz der Öl- und Petrochemie-Preise wurde fast vollständig ausgeglichen durch eine von Hamsterkäufen von Verbrauchern, Anwendern und Verarbeitern kurzfristig angetriebene Nachfrage. Zudem erschwerten rigide Grenzkontrollen und der Stillstand in chinesischen Häfen die Auslieferungslogistik. Dennoch war genügend Material erhältlich.
Die jüngsten Abstürze der Vorprodukt-Kontrakte – -145 EUR/t bei PX, -175 EUR/t bei C3, -200 EUR/t für C2 und -315 EUR/t im Fall von Styrol – werden für erheblichen Preisdruck sorgen. Zwar werden die Produzenten im April alles versuchen, um den Abschlag bei den Polymeren auf die Hälfte des jeweiligen Vorproduktrückgangs einzugrenzen, sie sitzen aber trotz teilweiser Drosselungen auf vollen Lägern.
Vielmehr werden die Fragen sein, ob die Verarbeiter diese Kaufgelegenheit angesichts eigener gedrosselter oder ausgesetzter Produktion werden nutzen können, und – auf der anderen Seite – in welchem Umfang die Erzeuger Materialien zu diesen Preisen überhaupt zur Verfügung stellen. Denn die Corona-Krise wirbelt das bisherige Preissystem durcheinander. Insbesondere bei den Styrolpolymeren kann der drastische Vorprodukteinbruch nicht wie üblich als Vorlage für Preisgespräche dienen, denn das Niveau würde jegliche Produktion unrentabel machen. Unwägbarkeiten drohen auch seitens der Logistik.
Die seit ein paar Wochen brummende Nachfrage nach Materialien für die Bereiche Lebensmittel und Hygiene wird sich in den nächsten Tagen wohl normalisieren, nachdem die Hamsterkäufe der Verbraucher nachgelassen haben. Aus Sicherheitsgründen versuchen Verarbeiter inzwischen, Materiallieferungen auf mehrere Anbieter zu verteilen.