Technische Thermoplaste Juni 2022: Die regionalen Spannbreiten bei den europäischen Notierungen nehmen extrem zu / Vorproduktpreise können nicht weitergereicht werden / Immer weniger Bedarf aus den Kundenmärkten
Gab es einmal einen „europäischen Markt“, so gehört er spätestens jetzt der Vergangenheit an. Stattdessen zeigen die Notierungen vier bis fünf einzelne Märkte, deren Preise sich zum Teil drastisch voneinander unterscheiden. Das betrifft fast alle Typen und Sorten. Die Spannen bei den Preismeldungen für Polycarbonat etwa schwankten beim KI-Panel zwischen -100 EUR/t und +210 EUR/t.
Auf der Kostenseite stieg Benzol im Juni deutlich um +219 EUR/t an. Weitergeben ließ er sich aber nicht, denn die Verarbeiter können einfach nicht mehr mitgehen. Der Bedarf aus den baunahen Endanwendermärkten wie aus dem E+E-Sektor ist deutlich zurückgegangen. Der Automobilsektor kommt nicht aus dem Tal der Tränen, und auch die erwarteten Lagerauffüllungen waren nicht spürbar. Mit der Sommerzeit und zum Teil reduzierter Linientätigkeit dürfte sich dieser Trend noch verstärken. Nicht zu fassen ist insbesondere der PA 6-Markt. Hier reicht die Preisrange von -350 EUR/t bis +150 EUR/t. Besonders stark sind die Preise in Osteuropa gefallen.
Benzol wurde im Juli-Kontrakt noch einmal deutlich teurer (+386 EUR/t). Dies führte bereits zu Preisankündigungen von den Herstellern, die sich zwischen +100 EUR/t und +250 EUR/t bewegen. Diese dürften sich jedoch angesichts der schwachen Nachfrage nur vereinzelt umsetzen lassen – und in Ost- und Südeuropa mit Sicherheit nicht.
Standard-Thermoplaste Juni 2022: Verarbeiterfreundliche Preisentwicklung toppt sogar noch Minus bei Vorproduktnotierungen / Automobilindustrie, Heimwerkermarkt und Bausektor nur mit schwacher Nachfrage / Allein PET erlebt einen Aufschwung
PE: Nicht nur, aber auch bei den LD-Folien zeigte sich der Markt im Juni verarbeiterfreundlich: Obwohl der C2-Preis einen Rollover erlebte, ging das Polymer auf Talfahrt. Darüber hinaus setzten zusätzliche Importe und eine stetig sinkende Nachfrage die Preise unter Druck. Wenn sich doch nur die Nachfrage positiv entwickelte. Doch dort ist allerorten Verunsicherung zu spüren. Das Sommerloch verstärkt diesen Trend. Der Autosektor ist in Lethargie versunken. Der Heimwerkermarkt ist so gut wie tot. Verarbeiter warten auf niedrigere Preise in den kommenden Monaten. Der C2-Preis für Juli ist um -100 EUR/t gesunken. Das dürfte die Notierungen für das Polymer weiter unter Druck setzen.
PP: Trotz der geringen Monomerbewegung (der C3-Preis gab im Juni um 10 EUR/t nach) brach das Polymer total ein. Hatten bereits die am Monatsanfang geschlossenen Kontrakte signifikante Abschläge enthalten, so gaben die Notierungen im Monatsverlauf noch mehr nach – sehr zum Leidwesen der Erzeuger. Aufgrund der geringen Nachfrage kaufen die Verarbeiter nur das Allernötigste, obwohl die Lager quasi leer sind. Einzige Ausnahme im allgemeinen Preisrückgangstrend: die Notierungen für TV Compounds. Der C3-Kontraktpreis im Juli ist um 120 EUR/t gesunken. Aber auch hier dürfte der Polymerpreis deutlich stärker fallen, denn die Nachfrage gibt, von niedrigem Niveau ausgehend, weiter nach.
PVC: Bei einer nachlassenden Nachfrage und einer etwas besseren Versorgungslage bröckelten die europäischen PVC-Preise im Juni 2022 weiter ab. Recht überschaubar und regional begrenzt blieben die Abschläge beim Basismaterial. Keine wesentlichen Veränderungen gab es auch bei S-PVC (U). Derweil verzeichneten S-PVC (P) und E-PVC Pasten etwas höhere Abschläge. Der Abwärtstrend wird im Juli wohl an Fahrt gewinnen. Denn zum einen sank die Kostenbasis durch den Rückgang der C2-Referenz für Juli (-100 EUR/t), und zum anderen drücken das nach wie vor hohe Preisniveau, die einsetzende Urlaubszeit, vermehrte Baustillstände und zunehmende Rezessionsängste auf den Bedarf.
PS: Der Markt ist schwierig. In vielen Abnehmerbereichen der Styrolkunststoffe lässt die Nachfrage spürbar nach, und dennoch bewegen sich die Preise auf Rekordniveau (EPS) oder nur geringfügig darunter (PS, ABS). Vor diesem Hintergrund konnten die Erzeuger die Preise nach dem leichten Anstieg der Styrol-Referenz im Juni 2022 (+16 EUR/t) nur bei EPS etwas heraufsetzen. Bei PS und ABS räumten einige Anbieter hingegen teils deutliche Abschläge ein. Der massive Styrol-Aufschlag im Juli (+155 EUR/t) macht die Situation nicht leichter. An dem für EPS wichtigen Bausektor zeichnet sich eine Abkühlung ab. Bei ABS wird das Aufschlagspotenzial durch den kräftigen ACN-Abschlag (-279 EUR/t; Butadien verzeichnete den Rollover) gebremst.
PET: Der europäische PET-Markt erlebte im Juni 2022 einen deutlichen Aufschwung. Die europäischen Erzeuger hatten den Ausstoß angesichts der Schwäche im Mai gedrosselt. Sie forderten wegen der Steigerungen bei den Vorprodukten zum Teil dreistellige Anhebungen. Hier retteten Ausweichmöglichkeiten durch teils sehr attraktive Importangebote die Abnehmer jedoch vor Schlimmerem. Im Juli steigt der Druck auf der Vorproduktseite weiter und treibt die Notierungen für PX weiter in die Höhe. Die europäischen Hersteller fordern vor diesem Hintergrund erneut dreistellige Anhebungen